Vorschau: Freiämterderby
Ein Derby für die Moral
Handball, 1. Liga: TV Muri – Handball Wohlen (Samstag, 16 Uhr, Bachmatten)
Muri und Wohlen sind die Prügelknaben der Liga. Umso wichtiger wird das Freiämter Derby. «Für den Verlierer werden es ganz schwierige Wochen», sagt Muri-Trainer Claude Bruggmann.
Tristesse im Freiämter Handball: Weder Muri noch Wohlen konnten bislang ein Spiel gewinnen. Schlusslicht Wohlen hat alle sechs Spiele verloren. Die Tordifferenz von minus 77 spricht eine deutliche Sprache. Muri konnte immerhin am vergangenen Spieltag gegen Olten den ersten Punkt holen. Die Klosterdörfler haben eine Tordifferenz von minus 29. Ein Sieg im Derby wäre für beide Mannschaften ein Befreiungsschlag. Der Verlierer wird intensiv über die Bücher müssen.
Die Stimmung ist im Loch. «Wenn man nur die Tabelle betrachtet, dürfte ich eigentlich nicht mehr Trainer sein», sagt Wohlen-Coach Generoso Chechele. «Ich bin froh, dass viele Leute, die nah dran sind am Verein, sich bewusst sind, worum es geht. Wir sind jetzt mitten in einer Aufbauphase.» Zum Start der Vorbereitung hätte Chechele nicht gedacht, dass sich die Saison so schwierig gestalten würde. «Damals wussten wir, dass Adrian Studerus aufhört.»
Verletzungen und junge Spieler
Die Verletzungen von Andreas Stierli und Raphael Bolliger und die berufliche Abwesenheit von Flavio Galliker führten dann zu grossen Problemen. Immerhin: «Ich sehe, was die Gründe für die Misere sind», meint Chechele. Die Jugendlichkeit des Teams und die fehlende physische Durschlagskraft machen es den Wohler Gegnern leicht, Tore zu erzielen. Captain Manuel Frey ist der einzige Spieler, der älter als 30 ist. Hinzu kommen Flavio Galliker und Goalie Remo Hofmann, die beide 29 sind. Der Rest des Teams hat einen Altersschnitt von rund 20 Jahren.
Die sieglosen Pleite-Wohler wollen deshalb den Derby-Sieg umso mehr. Sie brauchen ihn. «Wir benötigen etwas für die Moral», so Chechele und erinnert an das letzte Derby, als Wohlen in einer dramatischen Partie mit einem Tor Vorsprung gewinnen konnte. «Jetzt wird es schwieriger. Die Murianer sind in einer ähnlichen Situation wie wir und werden mit mehr Willen auftreten als im Vorjahr.»
Schon jetzt auf die Abstiegsrunde vorbereiten
Der Dintiker Generoso Chechele glaubt aber an den Sieg seiner Mannschaft. «Der Wille ist trotz der vielen Niederlagen vorhanden. Die Motivation ist hoch, insbesondere fürs Derby.» Die Hauptrundenspiele bis zum Ende des Jahres sollen jetzt schon genutzt werden als Vorbereitung für die Abstiegsrunde im 2022. Da geht es für Wohlen ums nackte Überleben. «Das Team soll sich weiterentwickeln, sodass wir bereit sind, wenn es darauf ankommt. Und ich glaube daran, dass die Mannschaft bereit sein wird.»
Daran glaubt auch Muri-Trainer Claude Bruggmann. «Würde ich das nicht, müsste ich als Trainer zurücktreten.» Er ist sich allerdings bewusst: «Für den Verlierer des Derbys werden es ganz schwierige Wochen.» Eine Niederlage gegen das vermeintlich einzige Team in Reichweite wäre ein mentaler Dämpfer. «Das Derby wird nicht über Abstieg oder Klassenerhalt entscheiden, aber es wird für die Moral enorm wichtig.» Dass Muri solche Probleme hat, ist überraschender als bei den Wohlern, die schon in den Vorjahren immer wieder mit Abgängen von Routiniers zu kämpfen hatten. Zu dieser Saison verliess Toskorer Carlo Femiano die Murianer. Linus Staubli spielt nur noch für die zweite Mannschaft. Danach fielen Jan Heusi, Lukas Schwenkfelder und Jerome Zucker verletzungsbedingt aus. «Das sind dann schon sehr viele Leistungsträger im Vergleich zum Vorjahr, die gefehlt haben», sagt Bruggmann. Immerhin: Zucker ist wieder dabei. Auch Schwenkfelder könnte gegen die Wohler zurückkehren. Einzig Jan Heusi fällt wohl den Rest der Saison aus.
«Waren nicht konkurrenzfähig»
Die Murianer haben ihre bisherigen Spiele ausserdem nicht so hoch verloren wie Wohlen. Und sie haben bereits einen Punkt auf dem Konto. Bruggmann betont, dass einige Resultate besser aussehen als die gezeigte Leistung auf dem Platz. «Tatsache ist, dass wir in den meisten Partien nicht konkurrenzfähig waren. Ich hoffe, dass sich das ändert, nachdem wir gegen Olten gesehen haben, dass wir mit einer guten Teamleistung punkten können.»
Wenn sein Team in Bestbesetzung ist und sein Maximum abruft, sieht Bruggmann die Murianer leicht favorisiert gegenüber Wohlen. «Letztes Jahr waren wir aber noch deutlicher Favorit und haben verloren. Das kann aber ein Pluspunkt sein. Jetzt weiss jeder von uns, dass es mit weniger als 100 Prozent nicht reichen wird.» Der Muri-Trainer rechnet mit einem spannenden Spiel. «Die Mannschaften muss man für ein Derby nicht motivieren. Für beide gilt ‹verlieren verboten›. Das Spiel ist für die Tabelle nicht so enorm wichtig, aber für die Moral. Gerade wir können sehen, ob wir jetzt die Kurve kriegen oder ob das gegen Olten eine Eintagsfliege war.»
Zoff um Wechsel
Immer wenn ein Spieler von Muri zu Wohlen (oder umgekehrt) wechselt, muss man sich vorsichtig verhalten. Egal in welcher Sportart. Die Rivalität der beiden Dörfer und Vereine erfordert Diplomatie, Fingerspitzengefühl und klare Kommunikation. Beim Wechsel des Murianers Noah Gautschi zu Handball Wohlen sorgte ein Satz für Diskussionen in beiden Lagern: «Der TV Muri ist für den Student kein Thema», hiess es im Bericht in dieser Zeitung. Gautschi möchte klarstellen, dass er nach wie vor ein gutes Verhältnis zum TV Muri hat. «Ich habe mich nicht bewusst von Muri abgewandt. Das Angebot von Wohlen kam in meiner jetzigen Situation einfach passend.» Hintergrund: Noah Gautschi, der früher in Baden in der Nationalliga B spielte, erkrankte an Corona und hatte danach lange Zeit Mühe, um sportlich wieder auf sein Leistungsniveau zu kommen. Für den Wiedereinsteig in den Handball wählte er Wohlen aus, «weil sie mir zusicherten, dass ich ohne Druck zurück auf das Feld finden kann. Und ich in Wohlen aufgrund der vielen Ausfälle wohl auch bessere Einsatzmöglichkeiten habe. Ausserdem lerne ich gerne neue Dinge kennen.» Er habe keine Probleme mit seinem Stammverein TV Muri. «Vielleicht finde ich den Weg einmal zurück», meint der 23-Jährige, der sich riesig auf das Derby freut. --spr
Quelle: Wohler Anzeiger, Josip Lasic / Stefan Sprenger