Matchvorschau: Eis vs. HC Mutschellen

Verrückt nach Handball

Handball, 1. Liga: Wohlen empfängt Mutschellen zum Freiämter Derby (Sonntag, 16.30 Uhr, Hofmatten)

Joshua Schmid war vor rund 10 Jahren einer der ersten Junioren des Projekts «Handball macht Schule». Heute gilt der schlaksige Rückraumspieler als Nachwuchshoffnung. Seine Tore haben den Saisonstart der Wohler versüsst. «Ich will mehr», sagt Joshua Schmid, der einer handballverrückten Familie entstammt.

Stefan Sprenger, Wohler Anzeiger

Idiotisch. Unnötig. Fahrlässig. Die Szene am 11. Dezember 2022 kann man kaum beschreiben, ohne zu fluchen. Handball Wohlen liegt im 2.-Liga-Spiel gegen Volketswil/ Witikon mit 10 Toren vorne. Nur noch wenige Sekunden sind zu spielen, als ein Zürcher den damals 18-jährigen Joshua Schmid brutal foult. Die Diagnose nach dieser dämlichen Attacke war niederschmetternd. Schlüsselbeinbruch. Operation. Fertig Handball. Dazu eine Arbeitspause – und das kurz vor der Abschlussprüfung zum Zimmermann. Wenn er an diesen Tag zurückdenkt, kann Schmid nur mit den Augen rollen.

15 Tore in ersten zwei Spielen

280 Tage sind seit diesem Tag vergangen. Vor zwei Monaten wurde die Metallplatte wieder operativ entfernt und er konnte erst vor zwei Wochen wieder voll mit dem Handball loslegen. Und er ist stärker zurückgekommen. Nach den ersten zwei Partien – Sieg im Cup gegen Dagmersellen und in der Meisterschaft gegen Kriens – hat er schon 15 Kisten gemacht. Er hat seinen Platz im Team gefunden, ist ein Leistungsträger. Im Angriff wie auch in der Abwehr. Sein gutes Auge und seine grosse Sprungkraft zeichnen ihn aus. Natürlich, Joshua Schmid ist 19 Jahre jung und noch ein ungeschliffener Rohdiamant, aber er bringt alles mit, was es braucht, um ein kompletter Handballspieler zu werden. Und – wohl ein wichtiger Faktor – er arbeitet an seiner Kraft und Ausdauer, auch neben dem regulären Handballtraining.

Eltern leben für den Sport

Seine grosse Leidenschaft wurde ihm in die Wiege gelegt. Schon die Eltern waren (und sind) handballverrückt. Mutter Barbara («Babs») Schmid (Buchhalterin und Primarlehrerin im Halde Wohlen) spielte zwei Jahrzehnte lang im Frauenteam des TV Wohlen. Und auch nach der Aktivkarriere bleibt sie dem Verein treu. Als Schiedsrichterin, als Damenverantwortliche, als Vorstandsmitglied, als Revisorin, als Co-Trainer des Frauenteams – oder als Helferin im Beizli. Babs Schmid erhielt dafür die Lukas-Bloch-Trophäe und wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Heute ist sie Co-Trainer der U13-Junioren, J+S-Coach und Koordinatorin von «Handball macht Schule».

Einer der ersten Mitglieder des Kinderhandballs

Und auch der Papa hat eine langjährige Verbindung zum Sport und zum Verein. Thomas Schmid (Zimmermann) hat unter Trainer Sepp Merz als 12-Jähriger mit dem Sport begonnen. Bis zu seinem 35.Altersjahr spielte er – meist als Kreisläufer – in der ersten Mannschaft. Dabei feierte er viele Aufstiege (und Abstiege). Und auch er engagierte sich als Co-Trainer des Frauenteams. Übrigens: Auch Joshua Schmids Onkel Markus ist eine kleine Vereinslegende. Es gab bislang keinen Spieler, der so lange im «Eis» spielte wie der Flügelspieler (18 Saisons und rund 500 Spiele).

Mutter Barbara (Ur-Wohlerin, geborene Isler) und Thomas (ein Villmerger) lernten sich an einem Ski-Weekend der Handballer kennen. Seit 36 Jahren sind sie ein Paar, seit 26 Jahren verheiratet – und haben zwei Kinder. Samira (spielt Volleyball beim TV Lunkhofen) und Joshua. Und er war eines der ersten Mitglieder des Kinderhandball-Projekts von Handball Wohlen. Der 1,93 m grosse Schmid (die langen Beine hat er vom Grossvater) fällt schon früh auf mit seinem grossen Bewegungsdrang. Später spielte er in allen Interklassen – und war meist ein Leistungsträger. Er startete einst als Goalie, wechselte dann in den Rückraum. Als Joshua Schmid vor zwei Jahren in die erste Mannschaft kommt, erhält er viel Vertrauen von Trainer Generoso Chechele und Co-Trainer Urs Müller. Und nach seiner Verletzung ist wohl jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo Joshua Schmid Vollgas geben kann. Er will mit dem Team in der 1. Liga überraschen und für Furore sorgen. Doch er bleibt demütig: «Der Ligaerhalt ist das Ziel, das sollte drinliegen», meint er.

Wohin geht sein Weg?

Am Sonntag folgt für ihn das wohl grösste Spiel seiner noch jungen Karriere. 1.-Liga-Derby in der Hofmatten gegen Mutschellen. «Wir werden alles geben und den zweiten Sieg holen», sagt er. Auf der Tribüne werden seine Eltern sitzen. Mutter Barbara sagt: «Wir sind stolz auf ihn. Immer, wenn er auf das Tor wirft, dann kribbelt es im Bauch. Es ist eine grosse Freude, ihn mit so viel Leidenschaft und Einsatz spielen zu sehen.» Unten auf dem Feld spürt das auch der Junior. «Ich habe meine Eltern leider nie spielen sehen auf dem Feld. Aber sie sind mit Leib und Seele dabei. Das ist etwas Grossartiges.» Die Eltern – die nach so vielen Jahren natürlich Handballexperten sind – sagen: «Es ist vieles möglich für Joshua. Ich bin gespannt, wie seine Entwicklung weitergeht.» Für ihn ist immer das nächste Spiel das wichtigste. «Und das heisst Derby gegen Mutschellen. Ich will gewinnen.»