Matchbericht: Freiämterderby
Elf Minuten geträumt
Handball, 1. Liga: Wohlen verliert das Derby gegen Muri mit 22:29 (7:14)
250 Zuschauer sind beim ersten Derby gegen Muri in der neuen Wohler Hofmattenhalle dabei. In einer über weite Strecken fahrigen Partie zeigen sich die Klosterdörfler in allen Belangen als das bessere Team.
Da ist er wieder. Showman Sascha Rudi. Der Goalie der Wohler ist zu Beginn so richtig in Fahrt, zeigt mehrere Glanzparaden. Er verhilft seinem Team so zu einem verheissungsvollen Start ins Freiämter Derby. Nach elf Minuten führt der Aussenseiter Wohlen mit 5:2 gegen den Favoriten aus Muri. Wohlen darf vom Sieg träumen. Goalie Rudi «wurde von uns warmgeschossen», wie TV-Muri-Trainer Mimmo Di Simone es ausdrückt. Im Angriff wirbelt Rückraumspieler Simon Eser, der sich mehrmals durch die Abwehr tankt und drei Tore in dieser Phase erzielt.
Der emotionslose Einbruch der Wohler
Doch schnell ist für den Aussenseiter ausgeträumt. Denn Muri reagiert. Und zwar heftig. Nach 20 Minuten führen die Klosterdörfler mit 5:8. Die Partie ist gedreht. Zur Pause bauen die Gäste auf 7:14 aus. Nur noch zwei Tore bringt das Team von Wohlen-Trainer Ingmar Steiger in den letzten 18 Spielminuten der ersten Halbzeit zustande. Muri macht hinten dicht. In dieser Phase ist ein deutlicher Qualitätsunterschied erkennbar und der Halbzeitpfiff muss dem Heimteam wie eine Erlösung vorgekommen sein. Wohlen ist zu keiner Reaktion fähig, man ergibt sich relativ emotionslos. Das hat wohl auch mit der Trainingspräsenz zu tun (siehe Kasten).
Zweite Halbzeit endet unentschieden
Wohlens Kreisläufer Jerome Zucker, der viele Jahre für den TV Muri spielte und nun erstmals gegen sein Ex-Team angetreten ist, analysiert: «Wir waren nicht in der Lage, offensiv genügend Druck zu erzeugen. Muri hat eine starke Abwehr und es ist sehr schwer, Tore gegen sie zu erzielen. Aber: Das haben wir gewusst und wir haben es trotzdem zu selten geschafft, gute Torchancen zu erspielen.» Immerhin: In der zweiten Halbzeit reissen sich die Wohler zusammen, Muri nimmt gleichzeitig den Fuss etwas vom Gas. Die zweiten 30 Minuten enden unentschieden (15:15). Heisst im Gesamtskore: 22:29. Ein deutlicher Sieg für Muri. Und dieser Sieg wurde nach Spielschluss gefeiert. Nicht gigantisch ausgiebig, weil Muri als klarer Favorit ins Spiel ging. Aber trotzdem ist so ein Derbysieg natürlich etwas spezieller.
Muri braucht Topleistung nicht
Alex Meier, der sieben Tore erzielte (und damit gemeinsam mit Noel Angehrn Topskorer war), spricht von «einer über weite Strecken guten Leistung». Auch wenn die Dominanz in der zweiten Halbzeit nicht mehr so deutlich war und das Spiel merklich an Dynamik und Präzision verlor. «Wir waren das bessere Team und haben verdient gewonnen», sagt Alex Meier selbstbewusst. «Leider haben wir uns in der zweiten Halbzeit von der Hektik etwas anstecken lassen und unsere Angriffe nicht mehr so konsequent zu Ende gespielt. Wir hätten sicher noch ein paar Tore mehr schiessen können. Aber alles in allem war es ein cooles Derby.»
Es war ein phasenweise fahriges Derby, das früh entschieden war. Wohlen konnte seine Probleme nicht verstecken, Muri musste gar nicht erst eine Topleistung zeigen. Wohlen erlaubt sich in diesem Derby 27 Fehlschüsse. Bei den technischen Fehlern hat faszinierenderweise der Verlierer die bessere Quote. Wohlen leistet sich neun technische Fehler, Muri elf. Wohl auch, weil die Murianer mehr Mut bewiesen und den schnelleren Handball spielten. Die Klosterdörfler sichern sich mit diesem ungefährdeten Erfolg den 4. Rang. Die Wohler bleiben auf dem vorletzten Platz und müssen sich damit abfinden, dass sie in die Barragespiele müssen, um dort den Ligaerhalt noch zu packen. Dies klappt aber nur, wenn Wohlen so spielt wie in den ersten elf Derby-Minuten. --pf
«Da hat ziemlich alles gefehlt»
Der TV Muri ist in diesem Freiämter Derby in allen Belangen das bessere Team und bleibt deutlich die Nummer 1 im Handball-Freiamt. Entsprechend unterschiedlich sind die Gemütslagen der beiden Trainer.
Wohlens Trainer Ingmar Steiger sagt ernüchtert: «Da hat so ziemlich alles gefehlt, was es für einen Exploit gebraucht hätte.» Der Deutsche, der in Seengen wohnt, sucht nach Erklärungen: «Wir spielen jedes Mal mit einer anderen Mannschaft, im Training sind wir oftmals nur sieben Spieler – da stimmt bei einigen die Einstellung nicht. Und so ist diese Niederlage auch keine grosse Überraschung.» Die Trainingspräsenz, die Prioritätensetzung, dies hat Einfluss auf die Situation. Was man nicht vergessen darf: Handball Wohlen ist am grünen Tisch aufgestiegen, als Team, das letzte Saison auf dem 4. Rang der 2. Liga landete. Über die Barrage will man noch den Ligaerhalt schaffen. «Das ist unser Ziel», so Steiger.
Sachlich fällt das Fazit von TV-Muri-Trainer Mimmo Di Simone aus. «Das Spiel ist so gelaufen, wie ich es erwartet habe. Ich habe gewusst, dass wir als Sieger vom Platz gehen, wenn wir unsere Qualität abrufen können. Mit der ersten Halbzeit bin ich sehr zufrieden. Danach hätte ich gern noch vermehrt die zweite Garde eingesetzt, aber mit Wohlens Umstellung auf Manndeckung wurde das Spiel dann etwas kompliziert und es kam eine gewisse Hektik auf. Aber dank der soliden Abwehr- und Goalieleistung hatte ich nie Angst, dass uns die Partie noch entgleiten könnte. Ich bin glücklich über die zwei Punkte und dass wir das dritte von vier Derbys gewonnen haben. So kann es gerne weitergehen.» --pf