Matchbericht: Freiämterderby
Wohlen bleibt das Sorgenkind
Handball, 1. Liga: TV Muri – Handball Wohlen 31:23 (17:11)
Handball Wohlen zeigt viel Kampfgeist im Derby. Das reicht allerdings nicht. Der TV Muri siegt. Den Klosterdörflern gelingt damit ein wichtiger Befreiungsschlag. Wohlen hingegen ist nach wie vor punktlos.
Am Ende konnte Handball Wohlen einem leidtun. Eine Niederlage mit acht Toren Differenz entspricht nicht dem Spielverlauf. Das Duell war ausgeglichener. Nichtsdestotrotz ist der Murianer Sieg verdient.
«Ein Sieg im Derby wäre schön gewesen», sagt Wohlens Stefan Burgherr. «Wir müssen aber das Positive mitnehmen. In den ersten Spielen der Meisterschaft haben wir Niederlagen mit 16 Toren Differenz kassiert. Jetzt sind es ‹nur› acht. Wenn wir so weiterarbeiten, wird sich das immer weiter reduzieren, bis wir dann in der Rückrunde keinen Rückstand mehr haben, sondern als Sieger vom Platz gehen.»
Muri das Leben zu leicht gemacht
Burgherr übt sich in Zwangsoptimismus. Zu seiner Verteidigung muss man sagen: Mit acht Toren war er einer der Besten in den Reihen der Gäste. Aber bei allem Verständnis dafür, dass Stefan Burgherr das Positive mitnehmen möchte, gibt es zu denken, dass man es in Wohlen offenbar schon als Erfolg betrachtet, wenn man im Derby mit weniger als zehn Toren Differenz verliert und nicht komplett untergeht.
Wohlen hatte teilweise gute Phasen. Nach elf Minuten führen die Gäste mit drei Toren Differenz (4:7). Bis zur 17 Minute wechselt die Führung zwischen den Teams hin und her. Dann zieht Muri davon und liegt zur Pause bereits mit sechs Toren in Front. In der 41. Minute liegen die Klosterdörfler noch mit sieben Toren vorn (23:16), als Wohlen eine Aufholjagd startet. Zehn Minuten später sind die Gäste bis auf drei Tore dran (24:21) und brechen dann erneut ein.
Die Gastgeber beeindrucken besonders in der ersten Halbzeit mit Effizienz. Während sich Wohlen jedes Tor hart erarbeiten muss, die Lücken in Muris Defensive teilweise lang sucht und nicht jeder Abschluss gelingt, lässt sich die Offensive der Hausherren so beschreiben: Angriff. Tor. Insbesondere Yorick Kaufmann scheint mit den Wohlern machen zu können, was er will. Das Schlimme: Kaufmann scheint seine Klasse gar nicht wirklich abrufen zu müssen. Die Gegenwehr der Gäste ist schlicht nicht vorhanden. «Zu Beginn haben sie es uns schon etwas leicht gemacht», sagt Kaufmann. «Mir liegt auch die 6:0-Abwehr, die sie zu Beginn gespielt haben. Als sie die Verteidigung umgestellt haben, taten wir uns schwerer.»
Kein Mittel gegen Kreuzer
Ein anderer Murianer, den die Wohler gewähren lassen: Der 18-jährige Finn Kreuzer. Der junge Mann auf der linken Seite der Murianer nutzt es gnadenlos aus, dass Wohlens rechte Seite nach dem Rücktritt von Adrian Studerus eine Problemzone ist. Siebenmal schiesst er aufs Tor. Siebenmal ist der Ball drin. Ideen, wie man Kreuzer am Tore erzielen hindern könnte, scheinen bei den Gästen über lange Phasen des Spiels nicht vorhanden.
Die Phase, in der Wohlen Kaufmann, Kreuzer und ihre Kollegen gewähren lässt, reicht aus, dass die Murianer das Spiel drehen und ihre Führung nicht mehr hergeben. Yorick Kaufmann findet noch einige positive Worte für den Gegner. «Als sie rankamen, war richtig Feuer in der Halle. Es war ein cooles Derby.»
Murianer Mix beginnt zu funktionieren
Der 24-Jährige hat leicht reden. Denn nach dem Punktgewinn gegen Olten ist der Derbysieg die nächste Stufe im Murianer Aufwärtstrend. Der erste Saisonsieg und das gleich gegen den Rivalen. «Das tut der Seele natürlich gut. Wichtig ist auch, dass Jerome Zucker und Lukas Schwenkfelder wieder dabei sind und Patrick Spichiger in die 1. Mannschaft hochgezogen wurde. Dadurch, und weil sich die Neuzugänge und jungen Spieler immer besser integrieren, zeigt der Trend ganz klar nach oben.»
In der Tat. Neben Kaufmann (6 Tore) und Kreuzer sind der 19-jährige Noel Angehrn und der 17-jährige Luiz Egger (beide je 4 Tore) herausgestochen. Gemischt mit einem fitten Jerome Zucker und Lukas Schwenkfelder sowie anderen Routiniers wie Tobias Wipf oder Daniel und Dominik Lang ist Muri eben doch kein Kanonenfutter. Im Freiämter Handball ist die Sorge, dass Muri absteigen könnte, nach dem Derby deutlich kleiner geworden.
Irgendwann reicht der Konjunktiv nicht mehr
Anders sieht es im Fall der Wohler aus. Die Bilanz mittlerweile: sieben Spiele, sieben Niederlagen, eine Tordifferenz von minus 85. Wen will Wohlen eigentlich bezwingen? Stefan Burgherr: «Das kann man immer sagen. Wir lernen dazu und werden stärker. So schlecht haben wir nicht gespielt und uns enorm herangekämpft. Wir müssen jetzt den Kopf oben behalten und weiterarbeiten.»
Wohlen hat in der Tat gute Ansätze gezeigt. Doch auf gute Phasen folgten immer wieder Momente, die schwierig nachvollziehbar sind. Beispiel: Dennis Horn. Der 24-Jährige verwandelt vier Siebenmeter und probiert dann beim fünften Versuch einen Kunstschuss gegen Muri-Goalie Tobias Wipf. Dieser lässt sich nicht beirren und hält. Den nächsten Penalty will Horn jemand anderem überlassen. Trainer Generoso Chechele verlangt aber, dass er nochmal antritt. Als Strafe, weil er gegen den ehemaligen NLA-Goalie Wipf vorher ein Kunststück probiert hat. Horn scheitert erneut. In Wohlens Situation scheint es nicht angebracht, irgendwelche Kunststücke zu probieren bei einem Siebenmeter. An dieser Stelle soll nicht weiter auf die Wohler eingeprügelt werden, die auf dem Boden liegen. Es gibt Licht am Horizont.
Noch bleibt Zeit
Die Phasen, in denen das Schlusslicht dagegenhalten konnte, waren vorhanden. Der positive Einfluss von Rückkehrer Flavio Galliker war ebenfalls sichtbar. und noch ist eine ganze Rückrunde zu spielen, bevor es dann in die Abstiegsrunde geht. Auch sind die Gründe für Wohlens Tief bekannt und alles nachvollziehbar. All das lässt sich in der Tabelle aber nicht sehen und der Konjunktiv wird irgendwann nicht mehr reichen. Noch hat Wohlen Zeit, die Kurve zu kriegen. Aber während Muri ein Befreiungsschlag gelungen ist, bleibt Wohlen im Freiämter Handball das Sorgenkind.
Wohler Anzeiger, Josip Lasic