Matchbericht Eis vs. SG Wacker 2 / Steffisburg

Ein-Mann-Armee Frey

Handball, 1. Liga, Abstiegsrunde: Handball Wohlen – SG Wacker II / Steffisburg 19:30 (8:16)

Nach dem ersten Saisonsieg gegen Kriens landet Handball Wohlen wieder auf dem Boden der Tatsachen. Gegen die Reserven von Nationalliga-A-Team Wacker Thun verlieren die Freiämter mit elf Toren Unterschied und machen sich das Leben selbst enorm schwer. Ausnahme: Captain Manuel Frey.

Chaotische Zustände nach rund 15 Minuten im Spiel zwischen Wohlen und Wacker II. Während man auf der Bank des Gastgebers versucht, den Riss im Trikot von Stefan Burgherr zu flicken, machen sich die Storen in der Hofmattenhalle selbstständig und öffnen sich, sodass Wohlen-Goalie Dario Koch von der Sonne geblendet wird. Eine Szene, sinnbildlich für das Spiel der Freiämter. Nichts funktioniert, wie es soll.

Nach dem Sieg gegen Kriens hat man mehr von den Wohlern erwartet, als nur knapp vier Minuten mit Wacker II mithalten zu können. Bis zum Stand von 2:2 gelingt es den Gastgebern. Dann ziehen die Gäste davon. 2:7 steht es nach acht Minuten, 8:16 zur Pause und 19:30 am Ende des Spiels. Nur ein Wohler kann mit dem Gegner auf Augenhöhe reagieren. Captain Manuel Frey. Sieben Tore erzielt der 36-Jährige, er agiert offensiv wie defensiv immer geistesgegenwärtig. Dass er der älteste Spieler im Aufgebot der Bünztaler ist, fällt nicht auf. «Er ist immer bereit. Ich sehe nie, dass er müde wird. Eine klasse Leistung von ihm», lobt Wohlen-Trainer Generoso Chechele seinen Captain. «Aber die meisten Teams konzentrieren sich in der Defensive stärker auf den Spielauf bau und das Zentrum des Gegners und lassen die Flügel gewähren.»

Damit will Chechele nicht Freys Leistung kleinreden, sondern das restliche Team in Schutz nehmen. Denn die Wohler liefern eine wahre Fehlpassorgie ab. Immer wieder landen die Bälle in den Händen der Gegner. Zuerst leistet sich Dennis Horn einige Ballverluste, dann schliessen sich Flavio Galliker, Simon Eser und Stefan Burgherr an. Chechele betont, dass die Thuner das stärkere Team als Kriens sind. Das kann sein, doch anhand der Fehler, die den Wohlern unterlaufen, kommt man zum Schluss, dass mehr als eine Niederlage mit elf Toren Differenz machbar gewesen wäre. «Es sieht so aus, aber ich glaube, dass der Gegner unsere Fehler geschickt provoziert hat. Wenn nur Dennis Horn sich Fehlpässe geleistet hätte, würde ich sagen, dass er einen schlechten Tag hatte. Nachdem das aber immer wieder passiert ist und auch mehreren anderen Spielern wie Flavio Galliker und Simon Eser, behaupte ich, dass das mit der Cleverness des Gegners zusammenhängt.»

Captain Manuel Frey ist kritischer: «Natürlich ist es clever vom Gegner, auf einen Pass von uns zu spekulieren. Wir spielen ihnen die Bälle trotzdem direkt in die Hände. Da müssen wir einfach routiniert genug sein und das nicht zulassen.»

Lichtblicke waren vorhanden
Die Routine ist ein Vorteil, den Frey gegenüber zahlreichen seiner Teamkollegen hat. Er und Flavio Galliker sind die letzten Überbleibsel des 2016er-Teams, das die zwei besten Saisons in der Vereinsgeschichte gespielt hat. «Wir sind im Umbruch und es ist hart. Aber die jüngeren Spieler müssen schnell lernen, Verantwortung zu übernehmen. Die Zeiten, wo jemand Routinierteres von der Bank kommt und hilft, sind vorbei.»

Zudem sind Dennis Horn (24), Flavio Galliker (29) und Simon Eser (23) auch nicht mehr so jung. Was theoretisch möglich wäre, haben die Wohler auch gegen die Berner gezeigt. Simon Eser kann wegen seines Studiums nicht mit dem Team trainieren und hat trotzdem durchgespielt und das Beste aus seinen Möglichkeiten gemacht. Stefan Burgherr übernimmt mit seinen 21 Jahren über die gesamte Saison schon Verantwortung und war auch gegen Wacker II der konstanteste Freiämter hinter dem Teamcaptain. Und der gescholtene Dennis Horn hatte sowohl in der Defensive als auch im Abschluss zahlreiche geniale Momente. Der Unterschied ist, dass Frey aktuell der Einzige zu sein scheint, der seine Leistung über ein ganzes Spiel durchziehen kann.

Nächster Gegner: Olten

Bei den Wohlern kommen auch Absenzen erschwerend dazu. Loris Faiss beispielsweise war beim Skifahren. «Unglücklich, während der Abstiegsrunde», sagt Frey. «Aber das hat mit den Terminverschiebungen der Spiele zu tun.»

Am nächsten Wochenende ist Handball Wohlen bei Olten zu Gast. Chechele stuft die Solothurner neben den Thunern als stärksten Gegner ein. Gilt es gegen Olten den Schaden in Grenzen zu halten und dann gegen Bern II und Visp wieder anzugreifen? «Nein, das wäre eine völlig falsche Einstellung. Wir haben gegen Kriens in der Hauptrunde zweimal aufs Dach bekommen und sie jetzt schlagen können. Wir wollen gegen jeden Gegner gewinnen und wenn wir unser Spiel durchziehen, ist auch gegen Olten ein Punkt oder ein Sieg möglich.» Die Wohler haben jedenfalls auch gegen Wacker II Potenzial angedeutet und standen sich in vielen Momenten selbst im Weg. Vielleicht bringt es dem Team etwas, wenn jeder Spieler sich bezüglich Einstellung, Kampfgeist und Ruhe auf dem Feld ein wenig an Manuel Frey orientiert.


Kadersituation ist happig

Wohlen-Trainer Generoso Chechele zum Spiel

«Ich will keine Ausreden bei den Absenzen suchen. Wir haben mit den Leuten gespielt, die uns zur Verfügung stehen», sagt Wohlen-Trainer Generoso Chechele. «Gegen Kriens hatten wir Loris Faiss und Jan Oppliger dabei. Ich weiss aber nicht, ob wir mit ihnen viel besser ausgesehen hätten gegen Thuns Reserven.»

Chechele betont, dass gegen Wacker II wenig ausprobiert wurde. «Wir haben unser Spiel und das wollen wir durchziehen. Es gelingt uns sicher nicht gegen jeden Gegner gleich gut, aber es muss sitzen.» Das ist so weit nachvollziehbar. Ebenso, dass sich der Trainer auf keine Experimente mehr einlässt. Fabio Meier, Noah Ihle, Tiago Trindade Botelho und Raphael Mauch wurden gegen Wacker II nicht eingesetzt. «Ich muss die Leute bringen, von denen ich überzeugt bin, dass sie in einem Spiel für Erfolg sorgen können. Die Tordifferenz ist jetzt auch wichtig. Wenn wir wegen ihr absteigen würden, würde mich das unglaublich ärgern.»

Spieltage gleichen Lotterie

All das wird dem Trainer dadurch erschwert, dass die Kaderzusammensetzung für die Spiele einer Lotterie gleicht. Dazu kommt, dass dann ein Simon Eser, der die Saison kaum mittrainieren konnte, in so einem Spiel 60 Minuten auf dem Feld stehen muss. Jan Oppliger hat sich verletzt, Loris Faiss war beim Skifahren, Noah Gautschi hat nach seiner Corona-Erkrankung immer noch Probleme mit der Lunge. Mit Maske trainieren war für ihn nicht möglich. Er soll demnächst, wenn die Maskenpflicht fällt, zurückkehren. Marco Von Ballmoos konzentriert sich auf seine Polizeiausbildung. Teilweise ist es Pech, teilweise auch eine Sache von Prioritäten. Chechele will in den Ausfällen keine Ausreden suchen. Ein wenig in Schutz nehmen muss man den Trainer aber. Denn die permanenten Ausfälle machen seinen Job nicht leichter.

 

Quelle: Wohler Anzeiger, Josip Lasic