Matchbericht: Eis vs. HC Mutschellen

"Geiles Derby" trotz Fehlerparade

Handball, 1.Liga: Handball Wohlen – HC Mutschellen 21:24 (9:8)

Handballerisch nichts Schönes, aber dafür ein richtiges Kampf-Derby. Die Partie war geprägt durch viele Fehler und zwei Abwehrreihen, die zupackten. Am Ende gewinnt Mutschellen verdient, weil es im Gegensatz zu Wohlen seine Leistung im Laufe des Spiels steigern konnte.

Stefan Sprenger, Wohler Anzeiger

Da brennt fast das Netz. Mit der Pausensirene ballert Wohlens Jan Oppliger mit einem sensationellen Hüftwurf den Ball ins Toreck. Der Jubel riesig. Der Grossteil der über 200 Zuschauer applaudiert. 9:8. Wohlen führt erstmals in dieser Partie. Die erste Halbzeit nimmt für das Heimteam ein (vorerst) glückliches Ende.

Nach der zweiten Halbzeit sieht die Gemütslage anders aus. Bei Wohlen – das je mit einem Sieg im Cup und der Meisterschaft richtig gut in die neue Saison gestartet ist – herrscht Tristesse. Wohlen-Trainer Ingmar Steiger hat schnell analysiert: «Die Abwehr war in Ordnung, im Angriff ging nur wenig. Das war das Problem. Das Team war phasenweise sehr nervös.»

Wohler Horrorquote

Wohlens Statistik ist haarsträubend: 15 technische Fehler, 24 Fehlwürfe. Auch Mutschellen-Trainer Jan Sedlacek sagt: «Das war zu Beginn enorm nervös, von beiden Teams. Es gab Fehler hüben wie drüben.» Und auch vom Schiedsrichter-Duo, das einige fragwürdige Entscheidungen traf. Es wurden so oft Schrittfehler abgepfiffen, wie es kaum im Handball geschieht. Wohl auch deshalb ist auch bei Mutschellen die Fehlerquote hoch: 16 technische Fehler, allerdings waren sie mit «nur» 14 Fehlwürfen einiges zielsicherer. Sedlacek, der frühere Olympia-Handballer, sagt: «In der Pause habe ich das Team beruhigt. Danach haben wir es etwas besser gemacht, etwas geduldiger – und da wurde auch die Chancenauswertung besser.»

Mehr Routine bei Mutschellen

Die mangelnde Chancenauswertung hatte auch mit zwei Abwehrreihen zu tun, die ihre Hausaufgaben gemacht haben – und mit zwei sackstarken Goalies. Sascha Rudi (Wohlen) und Ricardo Barbian (Mutschellen) glänzten (siehe Kasten). Wohl auch deshalb war die Torausbeute mager, nach einer Viertelstunde stand es 2:4. Drei Minuten später 2:6. Wohlen fing sich wieder bis zur Pause. Im zweiten Durchgang zauberte Barbian weiter, während Rudi nicht mehr an seine Topleistung von Halbzeit eins rankam. Am Ende pariert Barbian 19 von 38 Schüssen und hält damit die Hälfte aller Bälle auf seine Kiste. Sackstark.

Die Fehlerquote bleibt auch in den zweiten 30 Minuten hoch. Aber Mutschellen verbessert sich ein wenig, während Wohlen dieselben Fehler immer und immer wieder macht. Das war wohl auch eine Sache der Routine, die Mutschellen mit Duje Vukadin (7 Tore), Ivan Milicevic (6), Niclas Güngel (3) und Pascal Baur (3) mehr in seinen Reihen hat.

So schleicht sich der Gast davon, feiert am Ende einen 21:24-Sieg. Ebenfalls ein Faktor war der Ausfall von zwei Rückraumspielern bei Wohlen. Der 16-jährige Marco Aebersold konnte sein grosses Talent nur kurz zeigen, er musste dann verletzt raus (vermutlich Knieprellung). Dazu kam der Platzverweis von Joshua Schmid, Wohlens Topskorer. Es läuft die 38. Minute, es steht 11:12. Schmid, bis dahin mit vier Treffern bester Wohler Torschütze, greift dem Mutscheller Kreisläufer Pascal Baur ins Gesicht – unabsichtlich. Die Schiedsrichter zeigen ihm die Rote Karte. Für die Wohlen-Fans übertrieben. Der Platzverweis war nicht nur ein Beispiel für die etwas übereifrigen Schiedsrichter, sondern auch für ein faires Derby. Denn es gab keinerlei Diskussionen, Schmid entschuldigte sich bei Baur, Handshake – und weiter gehts.

Trainer stossen auf ein tolles Derby an

Die handballerische Qualität dieses Derbys war überschaubar. Aber gekämpft haben beide stark. Die beiden Mannschaften bestachen durch tollen Teamgeist. «Meine Jungs wollten den Sieg unbedingt, das spürte man», sagt Sedlacek. Wohlen wollte auch, konnte aber nicht zulegen. «Im Training machen wir es im Angriff einiges besser. Daran müssen wir arbeiten. Es gilt jetzt den Kopf nicht hängen zu lassen, weiter gehts», meint Steiger.

Wie schon im Vorfeld abgemacht, haben sich die beiden Trainer nach dem Spiel zu einem Bierchen getroffen. «Wir waren uns einig, dass es ein geiles Derby war. Kämpferisch attraktiv, tolle Halle, beste Stimmung», sagt Mutschellen-Trainer Jan Sedlacek.


Die Goalies zum Derby

Bis zur Pause lagen nicht nur die beiden Teams resultatmässig auf Augenhöhe, auch die beiden Torhüter kamen bei ihren abgewehrten Würfen auf eine traumhafte Quote von über 50 Prozent. Gemäss Statistik entschärfte Wohlens Routinier Sascha Rudi 53 Prozent aller Bälle. «In der ersten Halbzeit war ich früh im Spiel drin. Leider konnte ich das Niveau nach dem Seitenwechsel nicht halten. Darum wollte ich nach dem Timeout raus, doch der Trainer hatte andere Pläne», zeigte sich Rudi enttäuscht, jedoch gefasst.

«Unsere Jungs müssen noch lernen»

Ganz anders die Gefühlslage beim Mutscheller Schlussmann Ricardo Barbian, der bis zum Seitenwechsel auf eine traumwandlerische Quote von 58 Prozent abgewehrter Bälle kam. «Die Jungs vor mir haben einen tollen Job gemacht, was mir sehr geholfen hat, dass ich auf diese Quote kam. Im Gegensatz zu Wohlen konnten wir unser Niveau auch nach der Pause halten. Unsere Team-Routine hat wohl den Ausschlag für den Sieg gegeben», fasste Barbian die Partie passend zusammen. Rudi konnte ihm da zustimmen. «Unsere Jungs müssen aus solchen Situationen noch lernen, aber dafür sind solche Partien auch da.»

«Das macht Spass»

Einig waren sich die beiden Keeper über die Stimmung in der Halle. «Das macht schon Spass, wenn es viele Zuschauer in der Halle hat», meinte Rudi – und Barbian ergänzte: «Derbys sind halt schon immer etwas Spezielles. Nach den bisherigen Resultaten aus der Vorbereitung und den ersten Partien waren wir eher in der Aussenseiterrolle. Doch Derbys haben ihre eigenen Gesetze.» --ch