By Handball Wohlen on Freitag, 05. April 2024
Category: Männer

Matchbericht Barrage: Eis vs. HC Flawil

Eine heftige Bruchlandung

Handball, 1. Liga, Abstiegsbarrage: Handball Wohlen – HC Flawil 22:35 (11:20) – Rückspiel am Sonntag (17.15 Uhr, Flawil)

Der Klassenerhalt scheint in weite Ferne gerückt zu sein. Zu Hause gehen die Wohler im ersten Spiel der Abstiegsbarrage unter. Am Sonntag muss Wohlen 13 Tore aufholen. Enttäuschung und Frust machen sich breit.

Wohler Anzeiger, Josip Lasic

Goalie Sascha Rudi beschreibt eine Szene, die er als sinnbildlich für den ganzen Auftritt der Wohler im Spiel gegen Flawil sieht. «Ich wehre einen Gegenstoss ab. Der Abpraller geht fast bis zur Mittellinie. Der einzige Spieler, der dort lauert, um den Ball zu holen, ist ein Flawiler. Danach erzielt er das Tor. Der Biss und der Wille haben mir ein wenig gefehlt – und zwar über das ganze Spiel hinweg.»

Man kann dem Goalie nur schwer widersprechen. Das Hinspiel der Abstiegsbarrage zwischen Wohlen und Flawil ist eigentlich schon nach wenigen Minuten entschieden. Den Gästen scheint alles zu gelingen. Beinahe mühelos erzielen sie Tor um Tor mit einfachen Kreuzungen oder indem sie die Zweikämpfe gewinnen. Die Wohler Abwehr ist lückenhaft – um es freundlich auszudrücken. Und vorne geht das Heimteam kopflos und überhastet in den Abschluss – und vergibt beste Möglichkeiten. Auch Wohlens «Geheimwaffen» bringen wenig. Die Altmeister Adrian Studerus oder Jerome Zucker können ebenso wenig ausrichten wie das 17-jährige Talent Björn Staubli, der sich an der gegnerischen Abwehr aufreibt und kein Mittel findet.

So wächst der Vorsprung Flawils immer weiter an. Bis zur Pause sind es neun Tore (11:20), am Ende gar 13 Tore Differenz. Ein riesiger Vorsprung, den Flawil in das Rückspiel von übermorgen Sonntag vor eigenem Publikum mitnimmt. Und eine gigantische Hypothek für die Wohler, die diese 13 Tore aufholen müssen, wenn sie in der 1. Liga bleiben möchten. «Wir waren hinten zu passiv und vorne ideenlos», resümiert Rudi. «In der zweiten Halbzeit kommen wir etwas ran, auf neun Tore Differenz, und lassen Flawil dann wieder davonziehen. In solchen Spielen muss man halt um jedes Tor kämpfen.»

Versuchen, nicht zu resignieren

Das Urteil von Trainer Ingmar Steiger ist vernichtend. «Mit dieser Leistung gehören wir nicht in die 1. Liga. Wir stehen zu Recht dort, wo wir sind. Der Gegner war ja nicht Tabellenerster in der eigenen Gruppe. Die waren Drittletzter und haben uns mit einfachem Handball so den Zahn gezogen.» Der Trainer will seinem Team dabei keinen fehlenden Willen vorwerfen. «Ich bin schon der Ansicht, dass die Jungs wollten. Aber der Gegner war einfach in allen Belangen besser.»

Im Vorfeld des Spiels hatte Steiger die Befürchtung, dass sein Team mit zu viel Angst an die Sache herangehen könnte. Aus seiner Sicht hat sich diese Befürchtung bestätigt. Die Leistung in der Abwehr bezeichnet er als «Luschen-Handball». Was ihn besonders ärgert, ist die Trainingspräsenz. «Wenn nur fünf Leute im Training erscheinen, macht das mit der 1. Liga auch keinen Sinn. Ich habe mir Mühe gemacht, Videos zusammenzuschneiden und aufzuzeigen, wie der Gegner spielt. Nichts davon wurde umgesetzt.» Trotz allem versucht Steiger im Vorfeld des Rückspiels nicht komplett zu resignieren. «Wir haben jetzt noch die Chance, zu zeigen, dass wir nicht so schlecht sind, wie wir uns in diesem Spiel präsentiert haben. Die müssen wir nutzen.»

Ohne Druck ins Rückspiel

Rudi versucht ein wenig Feuer aus dem Ganzen zu nehmen. «Wir haben ein sehr junges Team. Ich denke nicht, dass es etwas bringt, auf die Spieler einzuprügeln. Wir haben jetzt ein Spiel, in dem wir nichts zu verlieren haben. Wir können quasi ohne Druck in die Partie gehen. Am besten schauen wir gar nicht in Richtung Anzeigetafel, sondern spielen einfach Handball. Ich will jetzt einfach nicht noch einmal abgeschlachtet werden.»

Dass es enorm schwer wird, den Rückstand noch aufzuholen, sind sich wohl alle Wohler sehr bewusst. Rudi sagt: «Vielleicht fühlt sich Flawil jetzt zu sicher und wir haben dadurch eine Chance. Wer weiss. Es kann schnell gehen im Handball.»

Und selbst wenn es nicht reicht, ist Wohlen noch nicht zwingend abgestiegen. Steigt Fortitudo Gossau aus der Nationalliga B ab, würden die drei Verliererteams der drei Abstiegsbarrage-Spiele noch einmal in Duellen untereinander eine Chance erhalten, sich das allerletzte 1.-Liga-Ticket zu sichern. Tatsache ist, dass Wohlen dafür anders auftreten muss. Denn im Hinspiel gegen Flawil hat man sich nicht wie ein Erstligist präsentiert.

Zusammenarbeit als Lösung?

Wohlen-Präsident Andreas Stierli weckt Hoffnung

Ein Blick zu Wohlen-Präsident Andreas Stierli während der Partie spricht Bände. Mehrmals fasst er sich an den Kopf. Und er ist dabei nicht der Einzige in der Halle. 257 Zuschauer haben den Weg in die Hofmatten gefunden, um Handball Wohlen zu unterstützen. Der Support der Freiämter Anhänger war stark. Der Auftritt des Teams weniger.

«Jetzt müsste ich als Präsident optimistisch bleiben und etwas Positives sagen», beginnt Stierli. «Aber ich kann es nicht. Der Verein hat alles getan, um das Team zu unterstützen. Es kamen viele Leute in die Halle, haben Transparente und Plakate gebastelt. Wir haben sogar einen Fancar organisiert, der an das Auswärtsspiel fährt. Wir haben ein Training organisiert am Ostermontag. Es ist einfach frustrierend, wenn die Mannschaft dann so spielt. Es ist einfach schade.» Der Präsident befürchtet, dass der Fancar am Sonntag halb leer sein wird. «Die Spieler sollen noch dran glauben und sich so gut wie möglich verkaufen. Aber 13 Tore ist enorm viel. Und ganz ehrlich haben wir mit so einem Auftritt in der 1. Liga auch nichts verloren. Wir sind letztes Jahr am grünen Tisch aufgestiegen. Sportlich haben wir es nicht geschafft. Und leider sind wir über weite Teile der Saison auch wie ein Zweitligist aufgetreten.»

Pläne für die Zukunft sind vorhanden

Zumindest kann der Clubpräsident aber ein wenig Hoffnung für die Zukunft machen. Was sich in den letzten Wochen andeutete, wird konkreter. «Es wird eine Zusammenarbeit mit Mutschellen geben. Wie diese aussieht, kommunizieren wir, wenn wir es selbst im Detail wissen. Aktuell ist ja auch noch nicht klar, in welcher Liga wir spielen. Obwohl es sich jetzt abzeichnet, dass es höchstwahrscheinlich die 2. Liga sein wird.»

Der Präsident der Wohler hat eine Vorstellung davon, wie der Handball im Freiamt aussehen sollte. Nach dem Abstieg der Mutscheller und dem «Sogut-wie-Abstieg» der Wohler ist für ihn umso klarer, dass die Vereine alleine nicht mehr weiterkommen und die Synergien nutzen müssen, die im Nachwuchs mit der SG Freiamt Plus schon bestehen. «Damit wir in Zukunft ein Team stellen können, das in der 1. Liga vorne mitspielen kann. Das sind wir unserem Nachwuchs schuldig.» --jl