Martin Laubacher: Der Macher geht

"Ich packe eben gerne an"

 

Interview mit Martin Laubacher: Am heutigen Freitag tritt er als langjähriger Präsident von Handball Wohlen ab

Rund 14 Jahre lang führte er den Verein. Und Martin Laubacher hat dabei Handball Wohlen vorwärtsgebracht. Praktisch alles, was er anfasste, ist gelungen. Nun geht der Präsident. Ein Grosser notabene. Er verrät sein Erfolgsrezept.

Wohler Anzeiger, Daniel Marti

 

Sie sind der Langzeit-Präsident. Seit 2009 im Amt, Sie hätten ja noch ein wenig bleiben können. Warum dennoch der Abgang?

Martin Laubacher: Ich bin ein bisschen amtsmüde. Ich habe immer gesagt, wenn ich einen guten und würdigen Nachfolger habe, dann gibt es den Wechsel. Die Nachfolgeregelung ist wichtig. Der neue Präsident Andreas Stierli ist bereits eingearbeitet. Das gibt einen perfekten Übergang.

Lust auf eine Fortsetzung hätten Sie sicher noch?

Nein, ich habe keine Lust mehr. Ich muss ein Ziel vor meinen Augen haben oder ein gutes Projekt. Ein solches Projekt gibt es zwar, aber um dieses Projekt zu realisieren, muss ich nicht Präsident sein. Das Projekt verraten wir dann später.

Warum haben Sie seinerzeit die Führung von Handball Wohlen übernommen?

Ursprünglich wollte ich Präsident der Sponsorenvereinigung Club 66/11 werden. Dann wurde ich von Markus Meier angefragt, ob ich Präsident vom TV Wohlen Handball werden möchte. Danach habe ich das Gespräch mit dem damaligen Vorstand geführt und ihnen eine Strategie für den Verein vorgelegt. Die haben zuerst geschmunzelt, danach aber bestätigt, dass sie mitziehen möchten. Und so musste ich dann einen Präsidenten für den Club 66/11 suchen.

Eigentlich sind Sie ja im Herzen ein Fussballer …

Nein, nicht mehr. Ich konzentriere mich voll und ganz auf den Handball. Beim Fussball rege ich mich zu schnell auf, das ganze Getue nervt mich. Da werden von Vereinen für einen neuen Star 100 Millionen bezahlt, und gleich neben dem Fussballstadion verhungern Menschen.

Aber früher bedeutete Ihnen der Fussball etwas.

Richtig. In jungen Jahren habe ich Fussball und Handball gespielt. Fünf Trainings die Woche. Und meine Mutter meinte schon damals, das sei zu viel – vor allem als ich schlechte Noten von der Schule nach Hause brachte. Zuerst habe ich mich für den Fussball entschieden. Bei den B-Junioren durfte ich zusammen mit Ciriaco Sforza spielen. Er wurde entdeckt, obwohl ich jeweils die Rückennummer10 hatte.

Und dann?

(Lacht) Ciri wurde ein Fussballstar. Und bei mir hat der Handball Überhand gewonnen. Das hat sich halt so entwickelt. Das ist gescheiter so. Denn ich konnte mir durch den Handball ein gutes Netzwerk aufbauen.

Zu Ihren wichtigsten erreichten Zielen: 1.-Liga-Handball in Wohlen. Wie wichtig ist Ihnen das?

Das war mir immer wichtig. Ich hatte das Ziel, dass wir mit dem TV Wohlen die Nummer eins im Freiamt werden. Das haben wir erreicht. Und nun sind wir wieder in die 1. Liga aufgestiegen, notabene verdient (lacht). Die Konstellation mit Muri und Mutschellen ist nächste Saison ideal. Es wird gute und spannende Derbys geben.

Und die neue Sporthalle Hofmatten, welche Bedeutung hat sie? Sie leisteten dabei ja einen grossen persönlichen Einsatz.

Die erste Sitzung mit dem Nutzergremium war im November 2017. Damals wurden erste Ideen präsentiert und diskutiert. Ich war der Vertreter der Sportvereine. Darum muss ich betonen: Die neue Sporthalle ist keine reine Handballer-Halle. Ja, ich habe meinen Anteil geleistet, dass wir nun eine Top-Infrastruktur haben.

Sie haben den Verein vorwärtsgebracht. Was war entscheidend?

Danke. Der Verein ist zu einer Familie geworden, mit optimaler Infrastruktur, mit gesunden Finanzen und mit einem motivierten Umfeld. Mit einem guten Netzwerk kann man vieles erreichen. Als ehemaliger Präsident der Göttigesellschaft und ehemaliger OK-Präsident des Fasnachtsu mzuges habe ich mei n Fasnachtsnetzwerk spielen lassen. Ich habe ein Umfeld mit viel Motivation um mich herum geschaffen.

War das so einfach?

Es brauchte Mut und Ideen für Veränderungen. Das Projekt «Handball macht Schule» ist ein gutes Beispiel. Das war die erste Arbeitsstelle, der wir einen Lohn bezahlt haben. Das ergab ein gutes Fundament. Das hat etwas gekostet, führte aber zu einer gesunden Basis.

Es gab auch Höhepunkte und Tiefschläge. Welche?

Der Cup-Achtelfinal gegen die Kadetten Schaffhausen im Jahr 2016 war das Highlight. Zudem haben wir zweimal an der Nationalliga B geschnuppert. Und die Frauen haben sogar in der Nationalliga B gespielt. Und unsere Drehbar an der Hagewo 2015 war auch ein Highlight, das ist aber ein anderes Thema.

Im Jahr 2011 sind alle drei Aktivteams abgestiegen – und Sie als Präsident gingen feiern.

Ja, und jetzt …

Das ist doch ungewöhnlich.

Das ist mir doch egal. Man muss auch Krisen feiern. Das sind Momente, wo man neue Aufgaben kreieren kann. Ein Abstieg ist auch eine Chance für einen Umschwung. Niederlagen können einen auch stark machen.

Alles, was Sie anpacken, das gelingt. Ist das wirklich so?

(Lacht.) Eben nicht. Ich wollte unsere Mannschaft immer an der 1.-Liga-Spitze etablieren. Aber das ist mir nicht gelungen. Wir sind immer noch eher eine Liftmannschaft.

Was ist denn weiter bisher nicht gelungen?

Ganz ehrlich, sonst ist mir praktich immer alles gelungen.

Was kommt nun nach dem Handball? Langeweile?

Weder noch. Ich bleibe ein Handballfan. Ich werde noch ein paar Sponsoren betreuen. Und dann gibt es noch eine beruf liche Veränderung. Bei meiner Firma Puag in Bremgarten leiste ich stets 110 Prozent Einsatz. Nun bin ich bei einer Firma noch als Verwaltungsrat eingestiegen. Die Firma heisst Lumvin und ist für nachhaltige Beleuchtung zuständig. Das Mandat im Verwaltungsrat und die Marktbearbeitung beanspruchen mich mit einem 20-Prozent-Pensum. Diese Arbeit erledige ich über den Mittag oder dann am Abend.

Dann sind Sie also ausgebucht?

Ich habe alle anderen Ämtli gestoppt. Ich habe noch ein schönes Zuhause und eine liebe Partnerin. Ich möchte beides geniessen.

Vieles dreht sich um Wohlen. Was bedeutet Ihnen die Gemeinde, was zeichnet sie aus?

Wohlen gefällt mir sehr gut. Es ist zentral gelegen, ich habe fast alles vor der Haustür. Weiter habe ich hier ein intaktes Umfeld und es gibt viele Aktivitäten im Dorf. Schauen Sie nur, was im Mai bis Juni geboten wurde: Monti’s Kulturtage, das Zelt, Strohmuseumsfest, Argovia Fäscht, Jazz Night. Wir haben hier alles. Von den neuen Schulhäusern bis zur Top-Infrastruktur für den Sport.

Sie sind sogar Ortsbürger geworden …

Das ist nur geschehen, damit nicht mehr Muri bei meinem Heimatort steht. Nein, nur Spass. Mich interessiert einfach Wohlen.

Was stört Sie trotzdem allenfalls an Wohlen?

Die ewigen Nörgler, die dann aber selbst keinen konstruktiven oder sinnvollen Gegenvorschlag haben.

Sie wären doch ein Mann für die Politik …

Definitiv nein. Ich bin es gewohnt, Projekte anzupacken, sie voranzutreiben und dann in einem überschaubaren Zeitrahmen abzuschliessen. Das geht so in meinem Unternehmen und im Sport und im Verein, aber eben nicht in der Politik. In der Politik wollen sich zu viele profilieren und werden so zu Bremsklötzen. Es fehlt das nötige Fingerspitzengefühl. Ich bin stets überzeugt davon, dass man miteinander diskutieren soll. Aber man muss auch entscheiden können, so wie bei der Sporthalle Hofmatten, als es um den Entscheid Zweifach- oder Dreifachhalle ging. Aber ein Einstieg in die Politik war für mich nie ein Thema.

Einwohnerrat oder Gemeinderat oder Gemeindeammann? Nie Anfragen erhalten?

Doch, ich habe stets Anfragen bekommen, von rechts bis links. Eine originelle Anfrage wurde erst kürzlich an mich herangetragen: Eine Person wollte mich motivieren, als Gemeindeammann zu kandidieren. 2025 werde ich 57 Jahre alt und ich hätte dann schön Zeit für zwei Amtsperioden, so lautete der Hinweis. Ich habe mich geehrt und geschmeichelt gefühlt. Es ist ja schön, wenn man so gehandelt wird.

Sie sind auch Unternehmer. Auch das ist eine Erfolgsstory?

Ich packe gerne an und setze mich gerne ein. Stets mit vollem Einsatz. «Aus Problemen macht er eine Aufgabe – und nicht umgekehrt», hat Ihre Zeitung kürzlich über mich geschrieben. Eine schöne Feststellung. Aber auch ich musste lernen, mit Niederlagen zu leben, geschäftlich und in der Vereinswelt. Es gibt doch immer unangenehme Sachen – die man links liegen lassen oder erledigen kann. Ich bin seit 33 Jahren bei der Puag, seit 2007 Mitinhaber. Das kann also nicht so schlecht sein. Und ja, das ist auch eine Erfolgsstory.

Sport und Wirtschaft (Unternehmer, VR-Mitglied) haben Sie im Griff. Wie sieht es mit Kultur aus? Ein Geniesser?

Kultur ist ein wichtiges Gut, das es zu schützen gilt. Ich war oder bin bei vielen kulturellen Sachen dabei und ich habe sicher bewiesen, dass mir an der Kultur etwas liegt: Präsident der Göttigesellschaft, Fasnachtsumzugs-Chef, Freund und Gönner des Strohmuseums, Schlossherr beim Schlössli, um nur einige zu nennen. Das sind alles tolle Sachen. Und die geniesse ich auch gerne, wie auch mal eine Exkursion der Volkshochschule oder das Fest der Kulturen.

Ihre zweite Heimat ist Arosa? Warum überhaupt?

Arosa passt mir einfach, ob im Sommer oder Winter. Ich habe in meinem ersten Präsidentenjahr Pascal Jenny, der damals Tourismusdirektor von Arosa war, als Gastredner nach Wohlen geholt. Jenny hat dann alle Teilnehmenden ans Humor-Festival nach Arosa eingeladen. Von da an gibt es eine starke Bindung.

Zu Promis haben Sie schnell eine Bindung: Pascale Bruderer, Adolf Ogi, Andi Schmid, Giorgio Behr, Doris Leuthard.

Ich bin halt so. Wenn ich eine Person gut finde, dann will ich auch mit ihr reden. Dann stelle ich mich vor, und schon ist das Eis gebrochen. Ich bin kein Promijäger, aber solche Leute sind in der Regel interessant.

Zurück zu Handball Wohlen. Wie sieht die Zukunft aus, was geben Sie dem Verein und Ihrem Nachfolger auf den Weg?

Eine schöne und gute Übernahme ist das Ziel. Die neue Führung soll sich an neue Projekte heranwagen, und die gibt es schon. Stillstand bedeutet Rückschritt. Es gibt neue Leute in der Führung und dadurch entsteht neue Dynamik. Darum braucht es keine Ratschläge von mir. Alles ist aufgegleist und die Finanzen sind intakt.

Welchen Ratschlag geben Sie dem FC Wohlen?

Schenkt der jüngeren Generation das Vertrauen. In der Führung sollten sie Ciriaco Sforza und Urs Bächer machen lassen. Diese beiden Fussballkenner ziehen gute Nachzügler nach.

Und er muss sein, ein Ratschlag auch für Wohlen und für die Wohler Politik?

Das haben Sie mich doch schon im Antrittsinterview im Herbst 2009 gefragt. Ich sage heute dasselbe wie damals. Am besten ist immer, sich an einen Tisch zu setzen und miteinander zu reden. Die Gemeinde- und Einwohnerräte sollen den gesunden Menschenverstand walten lassen und Respekt voreinander haben. Das sagte ich vor 14Jahren, und ich vermisse diese Haltung teilweise noch immer.

Also keine Besserung in Sicht.

Zu wenig. Auch die Gemeinde Wohlen ist ein Unternehmen, oder sie sollte eben ein Unternehmen sein. Aber in Wohlen wird man als Unternehmer noch ausgebremst. Das ist leider so, man kann nur schon das Gehabe rund ums Isler-Areal betrachten.

Wie ist es denn ums Image und um die Attraktivität rund um die grösste Freiämter Gemeinde bestellt?

Nörgler gibt es überall. Wohlen verkauf sich oft unter Wert. Wohlen ist überhaupt nicht so schlecht, wie es ab und zu dargestellt wird. Wohlen wächst ständig – also können wir Wohler nicht alles falsch machen.

Zum Abschluss noch zu den Beizen – Sie kennen so viele in Wohlen und besuchen sie auch. Ein Beizentipp zum Abschluss?

Da muss ich aufpassen, ich habe so viele Restaurants als Sponsoren für den Handballclub gewonnen (lacht). Mir gefallen einige Beizen, aus verschiedenen Gründen. Ich möchte keine herausheben. Aber bei den Restaurants ist es gleich wie beim Image von Wohlen: Die Beizenlandschaft ist viel besser, als sie dargestellt wird.